Unter diesen oder ähnlichen Überschriften machte im Mai 2011 ein Fund aus Stans Schlagzeilen. Die folgenden Texte sind zum Teil den Artikeln in den Zentralschweizer Medien entnommen.
Selten und unerwartet ist ein Fund im Nidwaldner Staatsarchiv: Bei der Restaurierung eines Protokollbuchs
aus dem 16. Jahrhundert purzelten 90 Spielkarten aus dem Buchdeckel. Es sind Zeugen aus einer Zeit,
in der die meisten Kartenspiele verboten waren.
Die Karten wurden mit Sorgfalt und mit grossem Aufwand neu rekonstruiert.
Daraus entstanden ist ein noch nie dagewesenes Spielset mit 48 Karten.
Das Format wurde den heutigen Gewohnheiten angepasst. Darauf wurden die restaurierten Bilder der
500-jährigen Karten leicht vergrössert abgebildet und oben und unten mit Farb- und Wert-Indizes
ergänzt. Die Farben wurden aufgefrischt, so dass der Spieler einen Eindruck bekommt,
wie die Karten vor 500 Jahren ausgesehen haben könnten. Leider wurden dabei einige Farben verfälscht,
um das Spiel an die Gewohnheiten der heutigen Spieler anzupassen.
Gefunden hat die Karten eine Restauratorin während der Instandsetzung des zweitältesten Buches
der Nidwaldner Verwaltung. Es ist nicht aussergewöhnlich, dass Buchdeckel alte Zeugnisse preisgeben,
die mit dem Buch an sich nichts zu tun haben. Pergament- und Papierschnipsel, aber auch ganze Seiten und
Schriftstücke wurden damals verwendet, um dem Buchdeckel Stabilität und Dicke zu verleihen.
Aus diesem Grund sind - zumindest aus handwerklicher Sicht der Buchbinderkunst - die Spielkarten
in den Schichtaufbau des Buchdeckels geraten. Christoph Baumgartner, wissenschaftlicher Mitarbeiter
des Nidwaldner Staatsarchivs, sagt dazu: Im Mittelalter hat man einfach nichts weggeworfen.
Papier war damals wertvoll, Pergament erst recht. Da bot es sich an, anstelle von neuem Material
abgelaufene Urkunden, alte Briefe, überzählige Buchseiten und eben auch Spielkarten zu verwenden.
Die 90 Karten sind bereits im heute bekannten Deutschschweizer Farbensystem, es hat Rosen, Schilten, Schellen
und Eicheln. Die Karten bestehen wie heute aus Karton, vermutlich in mehreren Schichten. Sie stammen aus
einer Zeit des Umbruchs, denn vor der Erfindung des Drucks waren Spielkarten von Hand gezeichnet, teuer
und somit der Oberschicht vorbehalten. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war man in der Lage, Spielkarten zu drucken.
Sie wurden relativ günstig und fanden Eingang in Stuben und Wirtshäuser.
Christoph Baumgartner bezeichnet die vorliegenden Karten als sogenanntes Basler Spiel. Basel war zu dieser Zeit
ein Zentrum des Spielkartendrucks, das die ganze heutige Deutschschweiz und den Süddeutschen Raum belieferte.
Bisher gibt es, abgesehen von einzelnen Karten, nur wenige wichtige Funde von historischen Spielkarten.
Zweimal wurden Spielkarten in Schaffhausen gefunden, einen Fund gab es in Zürich, und in Luzern bewahrt
das Staatsarchiv Karten auf, die vermutlich im Laufe der Zeit zusammengekommen sind, deren Fundorte aber nicht
dokumentiert wurden.
Nirgends, auch nicht in Stans, sind die Kartensätze komplett. In der Reihe der 90 Karten gibt es Lücken
und es sind einzelne Karten zwei- und dreifach vorhanden. Christoph Baumgartner vermutet, dass tatsächlich
unvollständige Spiele als Recycling gebraucht wurden - mit den kompletten konnte man ja noch spielen.