Auf dieser Seite stelle ich gerne jeden Monat ein besonderes Spiel aus meiner Sammlung vor.
Diesen Monat präsentiere ich:
Doppeldeutsche Karten zeigen auf jeder Unter- und Ober-Karte das Bild einer Figur aus dem Drama
"Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller. Deshalb nennt man diese Karten auch
"Wilhelm-Tell-Karten". Oft wird das Bild auch als "4-Jahreszeiten-Spiel"
bezeichnet, da die Asse (Däuser) die vier Jahreszeiten darstellen.
Doppeldeutsche Karten werden in Ungarn, Österreich, Tschechien, Slowenien, Kroatien, Bosnien
und der Slowakei verwendet. Entgegen dem Namen und dem "Schweizer" Tell-Drama sind sie
weder in Deutschland noch in der Schweiz verbreitet.
Man geht davon aus, dass dieses Bild in Ungarn entstand und eigentlich Abbildungen von ungarischen
Widerstandskämpfern im Aufstand gegen die Habsburger zeigen sollte. Um einer möglichen der Zensur
zu entgehen, ersetzte man die Bilder des ungarischen Aufstandes auf den Spielkarten kurzerhand mit Bildern
aus der Wilhelm-Tell-Sage, deren Ursprung ja ebenfalls in einem Aufstand gegen die Habsburger lag.
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Die Informationen zur Identifikation dieses Spiels stammen verdankenswerterweise von Herrn Wolfgang Altfahrt,
seines Zeichens Webmaster, Autor und Redaktor von "Talon"
dem ÖSTERREICHISCH-UNGARISCHEN SPIELKARTENVEREIN, WIEN/BUDAPEST.
Der Steuerstempel auf der Schellen7 wurde in Ungarn von 1883 bis 1905 verwendet. Der Text lautet :
"2 sz.M.K.KÁRTYABÉLYEG". Der Wert unten in der Mitte ist 15 Fillér.
Der Name des Herstellers auf der Schellen-7 lautet:
"Elsö Magyar Kártyagyár részvény társulat Budapest"
(Erste Ungarische Spielkarten Fabrik Aktiengesellschaft Budapest).
Der Konkurrenzdruck auf dem Kartenmarkt zwang 1868 die Kartenhersteller in Pest (István Giergl,
István Schill, József Wilner, István Zsíros), ihre Eigenständigkeit aufzugeben,
sich zusammenzuschliessen und gemeinsam diese Firma zu gründen. Dabei vertrauten sie auf einen wirtschaftlichen
Aufschwung nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich. Die Firma bestand von 1868 bis 1896.
Aufgrund von Steuerstempel und Herstellerangaben kann man davon ausgehen, dass das Spiel im letzten Viertel
des 19. Jahrhunderts produziert wurde und um die Wende zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert in den Handel kam.
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Die Bilddarstellungen scheinen zur Produktionszeit bereits weitgehend standardisiert gewesen zu sein.
Die Asse (zweisprachig beschriftet) zeigen Szenen zu den Jahreszeiten, wie sie sehr ähnlich auch auf aktuellen ungarischen Spielen
anzutreffen sind:
Herz | Frühling | Frau mit Blumen |
Schellen | Sommer | Person mit Sense |
Laub | Herbst | Mann beim Trinken |
Eicheln | Winter | Mann am Feuer |
Auch die Bildchen auf den Zahlenkarten unterscheiden sich kaum von den heute aktuellen Versionen:
Herz-7 | Tells Pfeil trifft Gessler |
Herz-8 | Tell rudert das Boot |
Schellen-8 | Abschiedsszene, Tell mit Frau und Sohn |
Schellen-9 | Hut auf der Stange |
Laub-7 | Haus rechts, Berge links |
Laub-9 und -10 Eicheln-9 und -10 | ohne Bildchen |
Die Medaillen auf Laub-8 sind diverse Auszeichnungen.
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Nach W.Haas, Bulletin_4_1997, handelt es sich beim vorliegenden Spiel um die neuere Fasung der Tell-Spielkarten,
so wie sie in Ungarn geläufig ist, als Gegenstück zur älteren Version, die in Österreich und
verschiedenen anderen Ländern gespielt wird:
Unter | Ober | |
Herz | Werner Staufacher | Hermann Gessler |
Schellen | Ital Reding | Arnold v.Melchthal |
Laub | Walter Fürst | Ulrich Rudenz |
Eicheln | Rudolf Haras | Wilhelm Tell |
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