Spiel des Monats Mai 2023

Auf dieser Seite stelle ich gerne jeden Monat ein besonderes Spiel aus meiner Sammlung vor.

Diesen Monat präsentiere ich:

Doppeldeutsche ⁄ Vier Jahreszeiten aus Ungarn

Doppeldeutsche Karten zeigen auf jeder Unter- und Ober-Karte das Bild einer Figur aus dem Drama "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller. Deshalb nennt man diese Karten auch "Wilhelm-Tell-Karten". Oft wird das Bild auch als "4-Jahreszeiten-Spiel" bezeichnet, da die Asse (Däuser) die vier Jahreszeiten darstellen.
Doppeldeutsche Karten werden in Ungarn, Österreich, Tschechien, Slowenien, Kroatien, Bosnien und der Slowakei verwendet. Entgegen dem Namen und dem "Schweizer" Tell-Drama sind sie weder in Deutschland noch in der Schweiz verbreitet.

Man geht davon aus, dass dieses Bild in Ungarn entstand und eigentlich Abbildungen von ungarischen Widerstandskämpfern im Aufstand gegen die Habsburger zeigen sollte. Um einer möglichen der Zensur zu entgehen, ersetzte man die Bilder des ungarischen Aufstandes auf den Spielkarten kurzerhand mit Bildern aus der Wilhelm-Tell-Sage, deren Ursprung ja ebenfalls in einem Aufstand gegen die Habsburger lag.

Tellspiel Herz
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Vier Jahreszeiten
Sammlungs-Nr.
4571
Elsö Magyar Kártyagyár részvény társulat Budapest
ca. 1890, 105 x 64 mm
Rückseite Gittermuster, petrol auf weiss
32 Karten

Tellspiel Steuerstempel
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Die Informationen zur Identifikation dieses Spiels stammen verdankenswerterweise von Herrn Wolfgang Altfahrt, seines Zeichens Webmaster, Autor und Redaktor von "Talon" dem ÖSTERREICHISCH-UNGARISCHEN SPIELKARTENVEREIN, WIEN/BUDAPEST.

Der Steuerstempel auf der Schellen7 wurde in Ungarn von 1883 bis 1905 verwendet. Der Text lautet : "2 sz.M.K.KÁRTYABÉLYEG". Der Wert unten in der Mitte ist 15 Fillér.

Der Name des Herstellers auf der Schellen-7 lautet: "Elsö Magyar Kártyagyár részvény társulat Budapest" (Erste Ungarische Spielkarten Fabrik Aktiengesellschaft Budapest).
Der Konkurrenzdruck auf dem Kartenmarkt zwang 1868 die Kartenhersteller in Pest (István Giergl, István Schill, József Wilner, István Zsíros), ihre Eigenständigkeit aufzugeben, sich zusammenzuschliessen und gemeinsam diese Firma zu gründen. Dabei vertrauten sie auf einen wirtschaftlichen Aufschwung nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich. Die Firma bestand von 1868 bis 1896.

Aufgrund von Steuerstempel und Herstellerangaben kann man davon ausgehen, dass das Spiel im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts produziert wurde und um die Wende zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert in den Handel kam.

Tellspiel Schellen
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Die Bilddarstellungen scheinen zur Produktionszeit bereits weitgehend standardisiert gewesen zu sein.

Die Asse (zweisprachig beschriftet) zeigen Szenen zu den Jahreszeiten, wie sie sehr ähnlich auch auf aktuellen ungarischen Spielen anzutreffen sind:

Herz Frühling Frau mit Blumen
Schellen Sommer  Person mit Sense
Laub Herbst Mann beim Trinken
Eicheln Winter Mann am Feuer

Auch die Bildchen auf den Zahlenkarten unterscheiden sich kaum von den heute aktuellen Versionen:

Herz-7 Tells Pfeil trifft Gessler
Herz-8 Tell rudert das Boot
Schellen-8 Abschiedsszene, Tell mit Frau und Sohn
Schellen-9 Hut auf der Stange
Laub-7 Haus rechts, Berge links
Laub-9 und -10
Eicheln-9 und -10
ohne Bildchen

Tellspiel Laub
Die Medaillen auf Laub-8 sind diverse Auszeichnungen.
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Nach W.Haas, Bulletin_4_1997, handelt es sich beim vorliegenden Spiel um die neuere Fasung der Tell-Spielkarten, so wie sie in Ungarn geläufig ist, als Gegenstück zur älteren Version, die in Österreich und verschiedenen anderen Ländern gespielt wird:

Unter Ober
Herz Werner Staufacher  Hermann Gessler
Schellen  Ital Reding Arnold v.Melchthal
Laub Walter Fürst Ulrich Rudenz
Eicheln Rudolf Haras Wilhelm Tell

Tellspiel Eicheln
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Tellspiel Rückseite
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